... Architekt Michael Rudolph: Er unterstützt in der Lehre und betreut Studierende im 3. Semester beim Städtebauentwurf.
Warum bist du Architekt geworden?
Michael Rudolph: Ich bin in einem großen, besonderen Haus aufgewachsen, mit dem wir uns in meiner Kindheit schon immer viel beschäftigen mussten. Viel bauen, viel machen, viel selber tun. Einer unserer Nachbarn war bei der Deutschen Reichsbahn für alle Gebäude in Südwestsachsen zuständig. Und der hat mir die Liebe zum Bauwerk rübergebracht. Zeichnen konnte ich auch gut. Und ein anderer Nachbar wiederum hat in den frühen 90er Jahren ein Architekturbüro in Plauen im Vogtland gegründet. Da ergriff ich noch während des Abiturs die Gelegenheit mir das anzuschauen. Und das war gut. Nach dem Abitur hatte ich tatsächlich dann zwei Zusagen für Studienplätze, einen für Architektur, einen für Neuere Deutsche Literatur.
Das ist eine große Spannbreite.
Michael Rudolph: Interessiert mich nach wie vor beides. Im Zivildienst, den wir damals obligatorisch hatten, hatte ich natürlich noch ein bisschen Zeit, die Entscheidung reifen zu lassen. In dieser Zeit hatte ich viel Einblick in verschiedene Lebensbereiche, weil wir eine geschützte Werkstatt von der Lebenshilfe waren. Wir hatten alle möglichen Handwerksbetriebe dabei. Wir hatten Kontakt zu Industriebetrieben, zu sozialen Einrichtungen. Ich war viel unterwegs und habe viel gesehen. Von meiner Arbeit im Architekturbüro kannte ich das ja auch, dass die Mitarbeiter Krankenhäuser, Feuerwehr, Wohngebäude, Schulen, alles bauten, sanierten und so weiter. Dieser Einblick in viele Lebenswelten hat mich total interessiert. Dann bin ich von der Architektur in den Städtebau und in die Landschaft gerutscht.
Dieses Fach hast du dir als Vertiefung ausgesucht?
Michael Rudolph: Naja, als wir in den frühen 2000er Jahren fertig waren zu studieren, wurden Architekten nicht so richtig gebraucht. Wir sprachen von schrumpfenden Städten und dabei ging es eher um Gebäude abzureisen. So sind wir dann bei der Landschaft gelandet. Also aus dem Städtebau raus, den ich im Studium schwerpunktmäßig gemacht habe. Es war keine strategische Entscheidung, es hat sich eher so ergeben, aber es war gut so. Wir haben mit unserem Büro gemacht, was wir machen konnten.
Was möchtest du deinen Studierenden mitgeben?
Michael Rudolph: Die Studierenden sollen ein Bewusstsein für den Raum zwischen den Gebäuden kriegen, sie sollen ein Bewusstsein für die Stadt kriegen, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Sie sollen mitbekommen, was die größeren Zusammenhänge sind, warum dann im Detail etwas so ist, wie es ist. Da ist ganz viel Ökologie dabei, da ist ganz viel Naturraum dabei und trotzdem gehen wir im Laufe des Entwurfsprozesses noch auf die Details ein, auf die städtischen Details, und sie sollen sich bewusst werden, vor welchen Aufgaben wir stehen, also ökologisch gesehen.
Inwieweit wird sich der Beruf des Architekten verändern?
Michael Rudolph: Wie alles, befürchte ich, wird der Beruf sich sehr verändern. Wir sind, auch in der Ausbildung, nicht gut darauf vorbereitet, auf das, was da kommt. Von KI, bis hin zu den politischen Verwerfungen und zur Klimakrise. Beispielsweise was den ökologischen Schwerpunkt angeht, werden wir nicht nur Holzhäuser bauen können, dazu reicht das Holz nicht. Wir werden nicht nur den Bestand sanieren können, dazu reicht der Bestand auch nicht. Aber das werden Schwerpunkte werden. Und was den Städtebau angeht, müssen wir unsere Städte fit machen für eine Zukunft, von der wir gar nicht so richtig wissen, wie sie eigentlich werden wird. Vielleicht kommen wieder ein paar Jahre, in denen weniger gebaut wird, so wie wir es schon mal hatten. Das Luxuriöse der letzten 10 Jahre ist wahrscheinlich erstmal passé, mindestens für die nächsten fünf Jahre, so wie sich das im Gespräch mit Leuten aus Verwaltungen, Bauämtern, Stadtplanungsämtern, Kämmereien, die das Geld verwalten, darstellt. Ich denke nicht, dass das alles schlimm wäre. Es ist spannend und herausfordernd. Ich glaube, man muss einfach nur anders denken, einmal mehr um die Ecke denken. Die reine klassische Neubauplanung ist nicht mehr das bestimmende Thema, man wird sich mehr mit den Gegebenheiten auseinandersetzen müssen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Michael Rudolph MSc urban design, Dipl.-Ing. (FH), Architekt
Bürogründung STATION C23, 2002
Eingetragener Architekt seit 2005 (AK Sachsen)
Bartlett School of Architecture, University College London, MSc urban design, 2001
Hochschule für Technik und Wirtschaft Leipzig, Dipl.-Ing.(FH) Architektur, 2000
Neben der Bürotätigkeit Teilnahme an zahlreichen internationalen workshops in Belgien, Italien, Deutschland (2002-2009)
Mitwirkung in Vorstand und Komitee des EUROPAN Deutschland e.V. seit 2006, seit 2020 Vorsitzender des Vorstandes, Lehrauftrag für Städtebau an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ), Gastvorlesungen seit 2003 an der TU Dresden, KU Leuven (Belgien), BTU Cottbus, LaCambre (Brüssel), WHZ Reichenbach, HTWK Leipzig