Eine kurze Geschichte der Technikfolgenabschätzung – eine kurze Geschichte des 20. Jahrhunderts
Obwohl man die Anfänge der Technikfolgenabschätzung (TA) mindestens bis in das späte 19. Jahrhundert zurückverfolgen kann (und, wie bei jedem anderen Thema auch, erste Ideen bereits bei Platon findet), begann die systematische Beschäftigung mit den Folgen des Technikeinsatzes erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs.
Tatsächlich kann man viele in der TA auch heute verwendeten Methoden zur Vorwegnahme plausibler möglicher Zukünfte auf Verfahren und Theorien zurückführen, die während und nach Ende des Kriegs für militärische Zwecke entwickelt wurden, bspw. Operations Research, Simulationen oder Spieltheorie. Berühmt und berüchtigt sind hier z. B. die Abschätzungen Herman Kahns zu den Folgen eines totalen nuklearen Schlagabtauschs.
Häufig als „Zukunftsforschung“ bezeichnet (ein Begriff, der heute fast schon pejorativ klingt), konnte sich TA im Westen in den 1960er und 1970er Jahren zunehmend von ihren militärischen Wurzeln emanzipieren. Im Osten ist die Geschichte der TA, die dort kaum so bezeichnet wurde, noch deutlich komplizierter. Bis heute ist TA umstritten: Ist sie überhaupt eine eigenständige Disziplin, worauf zielt sie ab, welche Legitimation hat sie, ist sie Unterstützung oder Gefahr für die Demokratie, hat sie einen Nutzen oder bremst sie den technischen Fortschritt aus? Die Geschichte der TA spiegelt also die Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Prof. Dr. phil. habil. Karsten Weber ist Professor für Technikfolgenabschätzung und KI-gestützte Mobilität, Co-Leiter des Instituts für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung und einer der drei Direktoren des Regensburg Center of Health Sciences and Technology der OTH Regensburg. Er hält eine Honorarprofessur für Kultur und Technik an der BTU Cottbus-Senftenberg und ist einer der drei Sprecher der Gemeinsamen Ethikkommission der Hochschulen Bayerns. Karsten Weber studierte Philosophie, Informatik und Soziologie an der Universität Karlsruhe (TH), promovierte dort 1999 in Philosophie und habilitierte 2004 an der EUV Frankfurt (Oder) in Philosophie. Außerdem absolvierte er eine Ausbildung zum EDV-Kaufmann und arbeitete über zehn Jahre in der Privatwirtschaft. Akademische Stationen waren die Universität Opole/Polen, TU Berlin sowie BTU Cottbus-Senftenberg. Wissenschaftlich beschäftigt sich Prof. Weber vor allem mit den Auswirkungen moderner Technik auf Individuen und Gesellschaften.