Große Häuser - Neue Nachbarschaften
Im Leipziger Norden wird gegenwärtig der Eutritzscher Freiladebahnhof entwickelt. Auf dem ehemaligen Bahnareal soll ein neues Stadtquartier für ca. 3.000 – 4.000 Menschen entstehen. Die Städtebauliche Planung basiert auf einem Entwurf der Büros Octagon/Loidl, Leipzig/Berlin und ist im Wesentlichen abgeschlossen.
Gegenwärtig wird ein Bebauungsplan erarbeitet und die Realisierung der ersten Baufelder an der Westseite des Areals vorbereitet.
Gegenstand der BA-Thesis ist das südöstliche Baufeld (Nr. 12) an der Berliner Straße. Dieser kompakte Baublock bildet an der Berliner Straße einen Akzent aus, der gut von der Bahnline wahrgenommen werden wird. Der Baublock soll bedarfsgerecht als nutzungsgemischtes Wohngebäude entwickelt werden. Lediglich im Bereich der Bahn und der Berliner Straße sind aufgrund der zu erwartenden Lärmbelastung Office- und Dienstleistungsnutzungen vorgesehen.
Lage, Umgebung und Bestandsnutzungen
Das Umfeld des Gebäudes ist heterogen. An der Roscherstraße im Westen befinden sich einzelne Wohngebäude sowie das Betriebsgelände der Leipzig Stadtwerke mit den weithin sichtbaren Gasometern und der ehemaligen Kabelhalle. Im Norden schließen sich aufgelockerte Baublöcke an, die unter dem Stichwort „Experimentelles Wohnen“ entwickelt werden.
Im Osten grenzt „als Puffer“ zur Bahn eine parkartig gestaltete Ausgleichsfläche mit einem Rundweg an das Gebäude an. Südlich befindet sich die um ca. 6-7 m tiefer gelegene stark frequentierte Berliner Straße. In diesem Bereich ist ein Höhenversprung im Gelände zu verarbeiten. Über den neu zu bauenden Verkehrsknoten Berliner Straße / Roscher-Straße kann in südlicher Verlängerung der Roscher-Straße das Entwicklungsgebiet Hauptbahnhof Westseite erreicht werden.
Nutzungsgemischter Stadtbaustein
Ziel der städtebaulichen Planung für den Freiladebahnhof ist es, einen innenstadtnahen, lebendigen und zugleich nachhaltigen Stadtteil der kurzen Wege zu entwickeln. Daher ist - wie bei den meisten Baufeldern des Quartiers - auch im Baufeld 12 ein nutzungsgemischter Stadtbaustein vorgesehen, der vorwiegend durch das Wohnen und neue Nachbarschaften geprägt wird. Der Stadtbaustein soll mit seiner konkreten Nutzungsverteilung - also der Anordnung von Wohnen und Gewerbe - sinnvoll auf die Lärmimmissionen an der Bahn und Berliner Straße reagieren. Die konkrete Gebäudetypologie ist im Rahmen des Gebäudeent- wurfs zu entwickeln. Da etwa 1/3 der Wohnungen den Vorgaben der sozialverträglichen Wohnraumförderung entsprechen sollen und als „Sozialwohnungen“ realisiert werden sollen, sind die Wohnungsobergrenzen des Raumprogramms zu beachten.
Gestalterisches Leitbild
Für das gesamte Stadtquartier haben die Projektbeteiligten in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Springer Architekten, Berlin ein Gestaltungskonzept entwickelt. Gestalterische Idee ist es, die Baufelder mit „Großen Häusern“ zu bebauen, die bewusst im Gegensatz zur Gründerzeitstadt stehen. Während die gründerzeitlichen Blöcke aufgrund der kleinteiligen Parzellierung durch viele Einzelgebäude mit individuellen Fassaden geprägt sind, soll beim Freiladebahnhof ein pro Baufeld jeweils ein großes zusammenhängendes Gebäude entworfen werden.
Bekannte Referenzen für diese Haltung sind die Wohnhöfe, des Wiener Gemeindebaus, die in der Zeit von etwa 1925 bis 1935 errichtet wurden (z.B. Karl-Marx-Hof Wien, Arch. Karl Ehn,1927-30 • George Washington Hof Wien, Arch. Robert Oerley und Karl Alois Krist, 1927- 30 • Goethehof Wien / Arch. Hauschka, Chalousch, Mayer, Rothmüller, Frass, Mittag Schopper, 1929-31).
Andere bekannte Wohnanlagen sind der Sonnenhof in Berlin Lichtenberg (Arch. Erwin Gutkind, 1925-30) oder die Wohnbebauung Hon- baekus in Kopenhagen (Arch. Kay Fisker, 1923).
Ziel des Gestalterischen Leitbildes ist es nicht ein „Remake“ dieser bekannten Bauwerke zu propagieren, sondern eine eigenständige und zeitgemäße Antwort für die Gestaltung eines
„Großen Hauses“ zu geben. Darüber hinaus bietet diese Strategie die Möglichkeit, effizient und schnell neuen Wohnraum zu schaffen.
Aufgabenstellung und Raumprogramm
Entwerfen Sie auf Grundlage der städtebauli- chen Planung und des Gestaltungsleitbildes für das Gesamtquartier ein attraktives, nutzungs- gemischtes Wohngebäude für das Baufeld 12.
Dabei dient die Kubatur des Städtebaulichen Entwurfs zur Orientierung. Im Rahmen der eigenen Gebäudeplanung ist es vorstellbar, die Baumassenverteilung moderat zu verändern.
Beachten Sie bei Ihrer Arbeit, dass das „Große Haus“, der grüne, wohnungsnahe Innenhof und der angrenzende öffentliche Raum als gestalterische und funktionale Einheit zu be- trachten und als solche zu entwerfen sind.
Überlegen Sie auch, durch welche Maßnah- men, das Gebäude und sein direktes Umfeld besonders gut auf die Anforderungen des Kli- mawandels reagieren kann und erarbeiten Sie Vorschläge für eine klimagerechte, innovative Architektur. Beachten Sie die Anforderungen des Brandschutzes und der Barrierefreiheit des Gebäudes.
Das städtebauliche Konzept weist für das Bau- feld 12 eine Bruttogrundfläche (BGF) von ca. 16.600 m2 aus. Bei diesem Wert handelt es sich um eine Obergrenze, die nicht überschrit- ten werden darf.
Das nachfolgende Raumprogramm dient zur Orientierung für die Entwurfsarbeit. Es kann konzeptabhängig angepasst werden.
Raumprogramm
Wohnen | ca. Anzahl | Fläche |
bis 45 m² | 25 WE | ca. 1.100 m² |
bis 60 m² | 25 WE | ca. 1.500 m² |
bis 75 m² | 10 WE | ca. 750 m² |
bis 90 m² | 25 WE | ca. 2.500 m² |
ab 90 m² | 10 WE | ca. 1.200 m² |
Summe | 95 WE | ca. 6.800 m² |
Gewerbe/Dienstleistung | Fläche |
Neue Arbeitswelten, Office | ca. 2.700 m² |
Kantine mit Küche | ca. 227 m² |
Gemeinschaftsräume | ca. 75 m² |
Summe | ca. 3.000 m² |
Nebenflächen | Fläche |
Technikräume | ca. 300 m² |
Fahrrad- und Müllräume | ca. 1.300 m² |
Tiefgarage | ca. 10 Car-Sharing Stellplätze (für Wohnen) |
50 Kfz-Stellplätze (für Gewerbe/Dienstleistung) |
Leistungen
A) Skizzenbuch
- Dokumentation der Recherchen und Entwurfskonzepte
B) Pläne und digitale Präsentationen mit folgenden Inhalten:
- Konzeptskizzen und Piktogramme zur Erläuterung der Idee
- Lageplan als Dachaufsicht mit Darstellung der Gesamtsituation einschließlich angren- zender und benachbarter Bebauung im Maßstab 1:500
- alle zum Verständnis erforderlichen Grundrisse im Maßstab 1:200 - EG mit Darstellung der Außenanlagen, Regelgeschosse, Dachgeschosse, UG
- konzeptwesentliche Schnitte im Maßstab 1:200
- Ansichten im Maßstab 1:200
- Material und Farbkonzept Fassade als Ausschnitt
- Fassadenschnitt mit Grundriss und Ansicht einschließlich Angaben zu Konstruktion, Baustoffen und Materialen im Maßstab 1:20
- Konzeptskizzen/Überlegungen zu den Themen Nachhaltigkeit und Ökologie
- Außenraumperspektive
- Innenraumperspektive charakteristischen Raumes, z.B. Foyer, Gemeinschaftsbereich
Die Präsentation erfolgt sowohl als gelayouteter Plan im DIN-Format nach gesonderter Ab- sprache, als auch als digitale Präsentation. Der Styleguide der Fakultät ist zu beachten.
C) Modellbau:
- Massenmodell mit Darstellung der Umgebung 1:500
- Architekturmodell 1:200
D) Erläuterungen:
- Textliche Erläuterungen ca. 2 DIN A4-Seiten
Beurteilungskriterien
- Einbindung des Neubaus in das städtebauliche Umfeld
- Charakter und Identität, Adressbildung und Image des Gebäudes
- Gestaltung der EG-Zone und der Fassade
- Flexibilität und Veränderbarkeit der Grundrisse
- Gebäudestruktur, Logik von Konstruktion und Erschießung
- Effizienz und Logik der inneren und äußeren Erschließung
- Aufwand und Angemessenheit von Konstruktion, Material und Technik
- Ökologie und Nachhaltigkeit
- Darstellungs- und Modellbauqualität
- Präsentation