Bremmer-Preis 2023
Protokoll der Preisgerichtssitzung
Das Preisgericht tritt am 11.01.2023 um 15:00 h zusammen.
Es besteht aus:
- Aline Hielscher (Aline Hielscher Architektur, Leipzig)
- Prof. Christian Knoche (Prof. HTWK)
- Susanne Müller (Absolventin HTWK / Hobusch Kuppard, Leipzig)
- Prof. Harald Stricker (emeritierter Prof. HTWK)
Als Vorsitzender wird Prof. Christian Knoche gewählt.
Insgesamt wurden 15 Arbeiten eingereicht. Alle eingereichten Arbeiten wurden zur Wertung zugelassen.
Die Liste der Verfasser/Innen der mit den Kennnummern 01 bis 15 versehenen Arbeiten liegt diesem Protokoll bei.
Präsentation durch die Verfasser/Innen
Im Rundgang wurden die Arbeiten von den Studierenden im Rahmen von Kurz-vorträgen (5 – 8 Minuten) vorgestellt, die Jury hatte dabei die Gelegenheit, nicht wertende Fragen zum Inhalt zu stellen.
Die Jury stellt dabei übereinstimmend fest, dass das architektonische Niveau be-achtlich ist und die Vielfalt der Aufgabenstellungen beeindruckt. Auch die struktu-rierten Vorträge und die hohe Aufmerksamkeit der anwesenden Studierenden wurden positiv wahrgenommen.
Ausscheidungsrunde
Folgende Arbeiten wurden nach intensiver Diskussion trotz einzelner Fürspre-cher ausgeschieden und kommen somit nicht in die engere Wahl:
01, 05, 06, 08, 09, 10, 11, 13
Engere Wahl
In der engeren Wahl verbleiben somit folgende Arbeiten:
02, 03, 04, 07, 12, 14, 15
Nach intensiver, vergleichender Diskussion der Arbeiten in der engeren Wahl wurde einstimmig folgende Verteilung der Preise und Auszeichnungen vorgenommen:
Preisverteilung
Es werden drei Preise und drei Anerkennungen vergeben:
- 1. Preis (450,-- €): Zoe Fliege, Leonard Korbus
"5 ideas toward future living"
Betreuer Prof. Christian Knoche - 2. Preis (350,-- €): Emma Bujak
„Hostel an der Spree in 10997 Berlin”
Betreuer Prof. Matthias Grunwald - 3. Preis (250,-- €): Laura Marie Strunz
„Zwischen Meer und Mine - Bergbauarchiv Allihies, Irland“
Betreuer Prof. Tobias Wenzel - Anerkennung (150,-- €): Tanja Hartlich
„Seerosenteich – Kulturspeicher der Akademie der Künste in Berlin“
Betreuer Prof. Frank Schüler - Anerkennung (150,-- €): Käthe–Sophia Wilpert und Noemi Scheidler–Stecker
„Wohnungsbau in Anger-Crottendorf“
Betreuer Prof. Christian Knoche - Anerkennung (150,-- €): Rahel Fügener
„Musikhaus am Meer“
Betreuer Prof. Tobias Wenzel
Engere Wahl
Ohne Auszeichnung in der engeren Wahl verbleiben somit folgende Arbeit:
- Engere Wahl:
Aleksandrs Ostrovskis „Sketchy Nikolaus“
Betreuer Prof. Alexander Stahr
Jurybewertungen der ausgezeichneten Arbeiten:
1.Preis - 5 IDEAS TOWARDS FUTURE LIVING
1. Preis
Zoe Fliege, Leonard Korbus
"5 IDEAS TOWARDS FUTURE LIVING"
Betreuer Prof. Christian Knoche
Die Aufgabenstellung erfordert die Auseinandersetzung mit dem Thema Woh-nungsbau auf einem Grundstück, das aufgrund unterschiedlicher Nachbarschaften und wegen seines nicht orthogonalen Zuschnitts nicht einfach ist. Dafür finden die beiden, Zoe Fliege und Leonhard Korbus, eine gute baukörperliche Lösung und formulieren diese selbstbewusst und mit der unvoreingenommenen Frische des 2. Semesters prägnant aus. Es gibt eine baukörperlich markante Lösung, die Erschließung respektiert die Privatheit, die umlaufenden Balkone erzeugen in der Regel 2 Austritte aus jeder Wohnung und die Gemeinschaftszonen im Erdgeschoss haben die richtigen Angebote und sind gut für alle erschlossen.
Das allein ist schon ein gutes Ergebnis, doch diese Arbeit geht noch ein Stück weiter, denn sie formuliert als Leitlinie für den Entwurf 5 übergeordnete Zielstellungen, an denen die beiden Studierenden ihre eigene Entwurfsarbeit messen und ausrichten. Dass diese Ziele (Nachhaltigkeit, Flexibilität, Freiraumerhalt, ... ) in der aktuellen Debatte keine neuen Aspekte liefern, ist im 2. Semester mehr als legitim, sich aber in der hier gezeigten Ernsthaftigkeit und Tiefe damit auseinanderzusetzen, ist durchaus bemerkenswert.
Wenn dann gleichzeitig die intellektuelle Überfrachtung vermieden wird und ein vielgestaltiger, individueller und zeitgemäßer Entwurf dabei entsteht, dann ist dies in den Augen der Jury eine herausragende Leistung, und ein würdiger erster Preisträger des Bremmerpreises 2023. Gratulation!
2. Preis Emma Bujak „Hostel an der Spree in 10997 Berlin”
2. Preis
Emma Bujak
„Hostel an der Spree in 10997 Berlin”
Betreuer Prof. Matthias Grunwald
Der Neubau eines Hostels an der Spree in Berlin–Kreuzberg stellt insofern eine besondere Herausforderung dar, als dass der öffentliche Anspruch an das Fluss-ufer, dessen allgemeine Zugänglichkeit und mehr noch - freiraümliche Einbezie-hung dem legitimen Bestreben eines Betreibers nach optimierter Flächenausnut-zung entgegenstehen.
Diese Herausforderung löst die Verfasserin Emma Bujak geschickt durch die baukörperliche Figur, deren nordwestlicher Gebäudeflügel schräg gestellt wird und dem Raum von der Köpenicker Straße zur Spree hin so öffnet, dass trotz der Bebauung eine aufgewertete stadträumliche Beziehung zwischen urbanem Kon-text und Flussufer entsteht. Gleichzeitig wird der Baukörper so abgestaffelt, dass diese Beziehung auch baukörperlich unterstrichen wird.
So entsteht - im Stadtraum, am Flussufer und im Innenhof - ein abwechslungsrei-cher Mix öffentlicher, halböffentlicher und eher privater Freiräume, die das Poten-tial der Situation überzeugend umsetzen.
Die beschriebene stadträumliche Zielstellung führt hierbei nicht zu Kompromis-sen in der Funktionalität. Im Gegenteil: es wurde ein Hostel geplant, das gut er-schlossen und räumlich strukturiert ist, dass auch mit ungünstigen Randbedin-gungen wie Brandwandanbau oder schrägen Ecken souverän umgeht, das an den richtigen Stellen Freiflächen anbietet und dann auch noch eine Belegungs-dichte ausweist, die auch tatsächlichen Anforderungen des Planens und Bauens gerecht werden könnte - aus Sicht der Jury Grund genug, diese Arbeit mit dem 2. Preis auszuzeichnen.
3. Preis Laura Marie Strunz „Zwischen Meer und Mine - Bergbauarchiv Allihies, Irland“
3. Preis
Laura Marie Strunz
„Zwischen Meer und Mine - Bergbauarchiv Allihies, Irland“
Betreuer Prof. Tobias Wenzel
Eine bemerkenswerte Aufgabenstellung führ hier zu einem bemerkenswerten Entwurf. Zugrunde gelegt wird eine geometrisch abstrakte Figur, hier ein regelmäßig geteilter Kubus mit starker vertikaler Ausrichtung. Die Aufgabe besteht darin, diese abstrakte Figur in Architektur umzusetzen und dafür auch einen pas-senden Ort und eine sinnvolle Nutzung zu finden.
Laura Marie Strunz findet das Grundstück an der kargen Atlantikküste in Irland – abgelegen, kaum erschlossen und karg bietet es in idealtypischer Weise die passende Situation für ein starkes Architekturmonument, monolitisch, schwer und geheimnisvoll. Hier treten Umgebung und Architektur in eine starke Beziehung, so dass es schwerfällt, sich das Gebäude an einem anderen Ort, oder auch, diesen Ort mit einer anderen Bebauung vorzustellen.
Bei näherer Betrachtung entdeckt man trotz aller baukörperlichen Abstraktion ein gut strukturiertes, funktionsfähiges Archivgebäude mit Erschließung, Installationen, Belichtung, aber vor allem sind es die Zwischenräume, die das Gebäude nicht nur in seiner äußeren Gestalt, sondern auch im Innen prägen. Hier gibt es interessante Ausblicke und Durchblicke, in die unverstellte Weite der Umgebung, aber auch in die engen und tiefen Schluchten, die sich im Innern auftun. Hier ist eine wirklich spannungsvolle Komposition auf Basis einfachster geometrischer Formen gelungen und ein im wahrsten Sinne spannendes Gebäude, das man gerne besuchen würde. Für die Jury war das der Anlass, diesen Entwurf mit dem 3. Preis auszuzeichnen.
Anerkennung - Tanja Hartlich „Seerosenteich – Kulturspeicher der Akademie der Künste in Berlin“ Betreuer Prof. Frank Schüler
Anerkennung
Tanja Hartlich
„Seerosenteich – Kulturspeicher der Akademie der Künste in Berlin“
Betreuer Prof. Frank Schüler
Das Grundstück für einen Kulturspeicher der Akademie der Künste in Berlin ist schwer zu greifen, es befindet sich am Rande des Hansaviertels, abgetrennt durch eine aufgeböschte Hochbahntrasse und hat dadurch keine eindeutige Zugehörigkeit. Auf diese Situation reagiert Tanja Hartlich mit einem langgestreckten, orthogonalen Baukörper, der frei und ohne baukörperliche Bezüge in der Situation liegt und dabei auch noch die Masse des Raumvolumens unterirdisch unterbringt. Bei berechtigter Kritik am baulichen Aufwand von 6 Untergeschossen, die wohl eher der konzeptionellen Eindeutigkeit geschuldet sind, erzeugt dies einen reduzierten sichtbaren Eingriff in die Situation, die dabei sensibel aufgewertet wird. Dies geschieht zum einen durch das in einer abgesenkten Bodenfuge untergebrachte Publikumsgeschoss, vor allem aber durch die schwebend wirkende Dachscheibe, die das Bauwerk nach oben abschließt. Die von innen heraus begehbare Dachfläche wird durch ein flaches Wasserbecken mit Seerosen gestaltet und erfährt so eine überraschend eigenständige und im positiven Sinne irritierende Charakteristik. Die Jury gratuliert zur Anerkennung dieser Arbeit!
Anerkennung - Käthe–Sophia Wilpert und Noemi Scheidler–Stecker „Wohnungsbau in Anger-Crottendorf“
Anerkennung
Käthe–Sophia Wilpert und Noemi Scheidler–Stecker
„Wohnungsbau in Anger-Crottendorf“
Betreuer Prof. Christian Knoche
Das im 2. Bachelorsemester obligatorische Wohnungsbauseminar soll Bedingungen und Typologien aufzeigen und erklären, nach welchen Kriterien Wohnungen im Geschosswohnungsbau strukturiert, erschlossen orientiert und konstruiert werden. Käthe Wilpert und Noemi Scheidler haben sich in diesem Seminar ohne modische Attitüden und ohne vordergründige gestalterische Effekte sehr sorgsam mit diesen Fragestellungen beschäftigt und dabei ein räumlich strukturiertes und gleichzeitig flexibles Grundrisssystem entwickelt, das vielfältige Kombinationen zulässt. Dass dies auch konstruktiv konzipiert und auch Kriterien der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, zeichnet diese sehr gründliche Arbeit aus. Die Verfasserinnen zeigen darüber hinaus in der geometrisch schwierigen Bestandssituation einen erstaunlich klaren, maßstäblichen Baukörper, der nur hinsichtlich seiner Fassadengliederung und Materialität noch Fragen offenlässt und weiterentwickelt werden müsste.
Anerkennung - Rahel Fügener „Musikhaus am Meer“
Anerkennung
Rahel Fügener
„Musikhaus am Meer“
Betreuer Prof. Tobias Wenzel
Der Titel irritiert etwas, denn hier wird kein klassisches Konzerthaus ans Meer gebaut. Vielmehr handelt es sich um einen Klangkörper, eine architektonische Skulptur, die, basierend auf einer gewählten geometrischen Figur in 3 unterschiedlichen Positionen mit der Umgebung in Beziehung tritt und dabei für einen Klangaustausch sorgt. So gelangen Geräusche der Umgebung, insbesondere das Wogen des Meers nach Innen, es gelangen aber auch Töne aus dem Innern, experimentelle Musik nach außen und können dort, beispielsweise in den Dünen, wahrgenommen werden. Dass der langgestreckte Hohlkörper, ob vertikal oder horizontal, Licht nach Innen führt und den Eintritt von Wasser ermöglicht und dass er, wie eine Muschel auch eine eigene Klangwelt erzeugt, überlagert und bereichert das Erlebnis zusätzlich. Die Jury zeigt sich beeindruckt und zeichnet diese Arbeit mit einer Anerkennung aus.
Das Preisgericht endet um 19:20 h.
Protokoll aufgestellt:
Prof. Christian Knoche
Vorsitzender des Preisgerichts