Sonnige Grüße aus Mekelle
Äthiopien- Was fällt dem deutschen Normalbürger da schon ein? Äthiopischer Kaffee ist wohl fast das Einzige, was uns auch im Alltag begegnet. Und auch die Begriffe Danakil- Senke, Injera oder Erta Alé dürfte nicht allzu vielen von Ihnen bekannt sein.
Ebenso wenig wusste ich über dieses Land, bevor ich mich auf die Reise machte, um mein fünftes Semester des Bachelors Sozialer Arbeit in Nordostafrika zu studieren. Doch ich habe es nicht bereut ins Unbekannte zu reisen!
Nicht nur einmal wurde mir die Frage gestellt: " Warum um alles in der Welt hast du dir Äthiopien zum Studieren ausgesucht?" Tja, darauf wusste ich auch nicht so wirklich eine Antwort. Als ich das DAAD-Studieren im Ausland – Heft durchblätterte, fiel mein Blick nunmal zuerst auf Äthiopien. Und da ich nichts mit diesem afrikanischen Staat verband, googelte ich es zu Hause und fand erstaunliche Sachen heraus. Äthiopien ist das Land mit der ursprünglichsten Form des Christentums - dem orthodoxen Christentum. Faszinierend. Außerdem sollte die äthiopische Küche sehr lecker sein. Noch besser.
Also erkundigte ich mich nach der Universität im Norden des Landes, der Mekelle University. Durchaus einen guten Ruf genießend, bot sie auch noch Soziologie als Studienfach an. Die Universität befindet sich in dem Bundesstaat Tigrai, in dem, genau wie in Eritrea, Tigrinya gesprochen wird.
Nach erfolgreicher Bewerbung über das DAAD Büro flog ich also Mitte September 2017 nach Addis Abeba. Ein bisschen aufgeregt, aber erstaunlich zuversichtlich, verließ ich das Flugzeug. Es ist schon echt ein Privileg, Reisen und Studium verbinden zu können. Es war ein buntes Durcheinander am Flughafen. Europäer, Äthiopier, Schwarzafrikaner, Amerikaner...alles war vertreten. Schön, dachte ich: ein halbes Jahr Menschen aus aller Welt kennenlernen dürfen.
Nach zwei Tagen in Addis Abeba nahm ich den 16-stündigen Bus nach Mekelle. Mir fiel etwas Beunruhigendes auf: Wo waren die anderen Farenjis ("Ausländer" in amharischer Sprache)? Ich sah nach hinten in den Bus hinein und es blickten mir nur irritierte Äthiopier entgegen.
Als ich in Mekelle ankam, war die ungemütliche Fahrt auch schon wieder vergessen. Bei Nacht wirkte diese Stadt so unafrikanisch...so sauber, ruhig und frisch.
Die nächsten Wochen hatte ich Mühe, mich in meine Kurse einzuschreiben, doch als der Unterricht dann endlich anfing, bekam ich viele Gründe, das Studentenleben zu genießen. Es stellte sich heraus, dass meine Klasse sehr nett und hilfsbereit war. Und auch die jungen Lehrer haben sich gefreut, mich über Deutschland ausfragen zu können. Ihr Unterricht war für mich größtenteils sehr interessant, denn die afrikanische Soziologie und die Gemeinwesenarbeit ist sehr verschieden von dem in Deutschland Gelehrten. Es wurde unter anderem die von dem Westen geleistete Entwicklungshilfe reflektiert, auf Unterschiede zwischen dörflichem und städtischem Leben in Äthiopien eingegangen und Gender Studies thematisiert (Professorin für Gender war interessanterweise eine verschleierte Muslima). Und tatsächlich enttäuschte auch die Stadt Mekelle nicht meine Erwartungen und den positiven ersten Eindruck. Fast könnte sie es mit Leipzig aufnehmen!
Lustig war es, als ich merkte, dass ich wirklich die einzige Austauschstudentin an der ganzen Universität (über 25.000 Studierende!) war und somit fühlte ich mich ständig wie das einzig weiße Schaf in einer Herde schwarzer Schafe. Gestört hat es aber nicht, da ich von allen freundlich aufgenommen wurde.
So vergingen sechs Monate rasend schnell. Das Essen war wirklich sehr gut und das Land, die Religion und Tradition wahnsinnig beeindruckend. Ich bin froh, mich auf das Abendteuer eingelassen zu haben und so viele neue Freunde kennengelernt zu haben. Jedem von euch/Ihnen empfehle ich wärmstens, sich so eine Reise in die Sonne nicht entgehen zu lassen.
Debora Vichel, PROMOS